Rosenblut & Metamorphose im spanischen Barock – zur deutschen Erstaufführung von „La púrpura de la rosa“

La_purpura.jpgNachdem die Pocket Opera Company über die letzten Jahre hinweg der musikalischen Epoche des Barock in viele Länder Europas gefolgt ist (französischer Barock von Mouret in Love me Tender!, italienischer Barock von Monteverdi in pocs space enterprise und englischer Barock von Arne in M.O.M. – Mystery of the Monstery), findet diese illustre Reise nun ihren vorläufigen Höhepunkt in der Wiederentdeckung des spanischen Barocks, welcher vor allem im Hinblick auf Instrumentierung (keine Tasteninstrumente) und Rhythmik eine ganz eigene musikalische Sprache präsentiert. Und doch ist La Púrpura de la Rosa noch weit mehr als das, sie ist das erste musikdramatische Werk europäischer Art, das auf dem südamerikanischen Kontinent komponiert und uraufgeführt wurde.

1701 erblickte die Oper von Tomás de Torrejón y Velasco (Musik) und Pedro Calderón de la Barca (Text) in Lima, Peru, das Licht der Welt. Torrejón komponierte die Oper als Auftragswerk für den damaligen Vizekönig von Peru, der damit dem spanischen König Philipp V. zum Geburtstag und zum einjährigen Thronjubiläum huldigen wollte. Die Entstehung und Uraufführung in Südamerika kann jedoch nicht über die musikalischen Wurzeln des Komponisten hinweg täuschen, die in Europa, genauer gesagt in Spanien liegen. In der Tat wurde das Libretto des vielleicht größten spanischen Dichters aller Zeiten, Pedro Calderón de la Barca, bereits zuvor vertont und es kann angenommen werden, das Torrejón die Vertonung durch Juan Hidalgo aus dem 17. Jahrhundert kannte, bevor er nach Peru kam und seine eigene Version schuf.

Calderóns Libretto basiert auf den Metamorphosen von Ovid und erzählt die mythologische Geschichte von Venus und Adonis, deren fragile Liebe durch die Eifersucht des Kriegsgottes Mars ein tragisches Ende findet. Diese verhängnisvolle Dreiecksbeziehung hat ihr humoristisches Pendant in dem Bauernpärchen Chato und Celfa, deren Ehe durch die Affäre Celfas mit dem Soldaten Dragón der Ausgangspunkt für ein gesundes Maß an comic relief innerhalb des Dramas ist. Weitere Hauptfiguren der Handlung sind Mars‘ resolute Schwester Belona, die den Liebeskummer ihres Bruders mit Argwohn beobachtet, vernachlässigt er darüber hinaus doch seine politisch-militärischen Pflichten, sowie der Liebesgott Amor, der in zwischenmenschlichen Beziehungen bekanntermaßen gerne etwas nachhilft, dabei aber unversehens selbst zwischen die Fronten gerät.

Die Pocket Opera Company hat es sich zum Ziel gesetzt, die besondere Bedeutung von Torrejóns Werk als transkontinentales Kulturgut herauszustellen. Mit der Verpflichtung der aufstrebenden peruanischen Modedesignerin Estrella Galo, die die Kostüme in Lima entwirft und fertigt, soll eine genuine Brücke zum Ursprungsort der Oper geschlagen werden, speziell auch vor dem Hintergrund eines post-kolonialistischen Diskurses. In der Inszenierung von Tanztheaterspezialist Guido Markowitz und unter Mitwirkung der Parkourläufer-Gruppe ‚Crap Movements‘ erwecken die Solisten die bewegungsimmanenten Rhythmen dieser Oper zum Leben. Das international nur selten aufgeführte Werk (u.a. 1999 in Madrid und 2003 in Sheffield) wird durch die Produktion der POC erstmals in Deutschland zu sehen und zu hören sein.

Wiedersehen mit Moondog

Lange war es still um den blinden Musiker im Wikingerkostüm, der zwischen 2005 und 2009 in diversen POC-Produktionen („ISIS in Castle“, „Zwischen Sehnsucht und Mitternacht“, „Moondog in Love“) sein Unwesen trieb. Doch diesen Sommer kehrt er für eine Aufführung zurück! Auf Einladung des Blindeninstituts Rückersdorf spielt die POC am 4. Juli um 20 Uhr im Rahmen von „Kunst und Kultur am Dachsberg“ noch einmal die Produktion „Zwischen Sehnsucht und Mitternacht“ in einer eigens angepassten Fassung. Neben Robert Eller als Moondog sind Gertrud Demmler-Schwab als Sehnsucht und Frank Strobelt als Fan-Man wieder mit von der Partie. Regisseur Peter Beat Wyrsch lässt es sich nicht nehmen, seine Inszenierung selbst in bester  POC-Manier wieder ganz auf den Spielort zuzuschneiden. Die musikalische Leitung der 12 Saxophonisten liegt wie gewohnt in den Händen von Franz Killer. Freuen Sie sich auf das Wiedersehen mit diesem charmanten Stück Musiktheater!

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„POC40“ – Der Jubiläumsfilm

Mitte Mai fanden unter der Regie der jungen rumänischen Regisseurin Stanca Radu die Dreharbeiten zum Jubiläumsfilm der Pocket Opera Company statt. Die Hauptrollen im Film spielen die legendäre POC-Sopranistin Elizabeth Kingdon, der Gründer und langjährige künstlerische Leiter der POC, Peter Beat Wyrsch, sowie die bekannten Solisten Gertrud Demmler-Schwab und Robert Eller. In der Geschichte des Films finden sich zahlreiche Kult-Figuren der POC-Geschichte aus allen Winkeln der Welt  und auf unterschiedlichstem Wege in Nürnberg für eine große Geburtstagssause ein. Der Film wird eine ungefähre Länge von 20 Minuten haben und seine Premiere noch in diesem Jahr feiern. Genauere Informationen wird es demnächst geben.

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Dokumentation der Medienwerkstatt Franken über die POC

Die POC feiert 2014 ihr 40-jähriges Bestehen und zu diesem Anlass wurde im Mai ein Jubiläums-Kurzfilm unter dem Titel „POC40“ gedreht, der dieses Jahr noch seine Premiere feiern wird. Bereits 2006 entstand durch die Medienwerkstatt Franken unter dem Titel „Mit der Oper auf Wanderschaft – Peter Beat Wyrsch und die Pocket Opera“ eine kurze Dokumentation über Deutschlands ältestes freies Musiktheater und dessen engagiertes Team. Im Gespräch mit dem Gründer und langjährigen künstlerischen Leiter der POC, Peter Beat Wyrsch, wirft die Autorin  Stefanie Knoll einen Blick hinter die Kulissen.

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